Der Einfluss von Nebenwirkungen der Scheide und Hormonersatztherapie auf die Sexualität von Patientinnen mit lokal fortgeschrittenem Zervixkarzinom nach definitiver Radiochemotherapie – Ergebnisse der EMBRACE Studie

Der Einfluss von Nebenwirkungen der Scheide und Hormonersatztherapie auf die Sexualität von Patientinnen mit lokal fortgeschrittenem Zervixkarzinom nach definitiver Radiochemotherapie – Ergebnisse der EMBRACE Studie

Kathrin Kirchheiner

Eine radioonkologische Behandlung (Strahlentherapie) bei gynäkologischen Tumoren kann zu deutlichen Veränderungen in der Scheide führen: Vaginale Trockenheit, sowie ein Verlust der Elastizität der Scheide, Entzündungen und Blutungen können dabei auch das Sexualleben beeinträchtigen.

Um das Ausmaß der Problematik zu untersuchen, haben wir im Rahmen der EMBRACE-I Studie weltweit >1000 Patientinnen mit lokal fortgeschrittenem Gebärmutterhalskrebs systematisch zu ihren sexuellen Erfahrungen befragt. Diese Patientinnen haben eine Außenbestrahlung mit gleichzeitiger Chemotherapie und eine bild-gestützte Innenbestrahlung nach modernsten und präzisesten Bestrahlungs-methoden erhalten. Sie wurden sowohl vor Therapiebeginn, als auch in regelmäßigen Abständen in der Nachsorge (im Median 50 Monate) mittels Fragebögen in Bezug auf ihre sexuelle Gesundheit befragt.

Die Ergebnisse zeigen, dass nach der Krebsdiagnose / vor Therapiebeginn nur 22% der Patientinnen sexuell aktiv sind. Im Nachbeobachtungszeitraum nach abgeschlossener Behandlung steigt die sexuelle Aktivität dann auf ca. 60%, wobei der Erholungszeitraum in den ersten 6 Monaten nach dem Therapieende liegt.

Es werden jedoch von rund einem Drittel dieser Patientinnen Beeinträchtigungen beim Geschlechtsverkehr angeführt: das Gefühl der Scheidentrockenheit (39%), eine kürzere (38%) oder engere Scheide (35%), welche eng mit Schmerzen beim Sex zusammenhängen (34%). Diese Probleme treten relativ rasch nach Therapieende auf und bleiben auch über den Nachsorgezeitraum von > 4 Jahren nahezu unverändert bestehen. Als Folge geben 31% der Frauen an, beim Sex überhaupt kein oder nur wenig Vergnügen zu erleben.

In einer Untergruppe von Patientinnen, welche bei Diagnosestellung vor ihrer Menopause waren (Alter < 50 Jahren), konnte der positive Einfluss einer hormonellen Ersatztherapie gezeigt werden: Patientinnen, welche regelmäßig Östrogenersatz erhielten, berichteten signifikant weniger Scheidentrockenheit, seltener das Gefühl einer verkürzten Scheide, weniger Schmerzen beim Geschlechtsverkehr und tendenziell auch mehr sexuelles Vergnügen.

Welche Maßnahmen können Frauen nach einer radioonkologischen Behandlung bei gynäkologischen Tumoren ergreifen?

  1. Es empfiehlt sich, bei sexuellen Aktivitäten wasserlösliches Gleitmittel zu verwenden, um die therapiebedingte Scheidentrockenheit auszugleichen
  2. Eine Verkürzung bzw. Verengung der Scheide kann durch regelmäßiges Dehnen in vielen Fällen minimiert werden. Das kann beispielsweise über Geschlechtsverkehr erfolgen, aber auch mittels medizinischer Scheidendilatatoren oder Vibratoren.
  3. Bei nicht-hormonsensitiven Tumoren kann eine kontinuierliche Hormonersatztherapie die Sexualfunktionen unterstützen.

Referenz:

Kirchheiner K, Smet S, Jürgenliemk-Schulz IM, Haie-Meder C, Chargari C, Lindegaard JC, Fokdal LU, Spampinato S, Schmid MP, Sturdza A, Mahantshetty U, Segedin B, Bruheim K, Rai B, Cooper R, Van der Steen-Banasik E, Wiebe E, Sundset M, van Limbergen E, Villafranca E, Westerveld H, Tan LT, Pötter R, Tanderup K, Nout RA; EMBRACE Collaborative Group. Impact of Vaginal Symptoms and Hormonal Replacement Therapy on Sexual Outcomes After Definitive Chemoradiotherapy in Patients With Locally Advanced Cervical Cancer: Results from the EMBRACE-I Study. Int J Radiat Oncol Biol Phys. 2021 Sep 1:S0360-3016(21)02729-2. doi: 10.1016/j.ijrobp.2021.08.036.

Autorin:

Assoc.Profin. Priv.Dozin. Maga. Drin.Kathrin Kirchheiner
kathrin.kirchheiner@meduniwien.ac.at
+43 (0)1 40400 28760 (Büro)